Mein Buch 2019! Eine Geschichte, auf die ich, seit dem "Halbbruder" und "Ein wenig Leben", lange gewartet hab.
Eine Geschichte über Heimat, Familie, Freundschaft, Musik, Theater, Kino, sich (und die besten Freunde) verlieren und neu (er)finden... über alles, was uns ausmacht. Eine Geschichte, die das Leben schreibt, die man sich wünscht oder die man für ein Lügenmärchen hält, wenn man sie von anderen hört. Eine Geschichte, wie ein Lieblingskleidungsstück, dass immer gemütlicher wird, je länger man es trägt.
Max aus Stavanger, hat eine Schwester, coole und liebevolle Eltern, einen besten Freund, gute Schulnoten, kennt in seiner Straße alles und jeden, macht Schulausflüge, trinkt sein erstes Bier, raucht die erste Kippe, verdient sich den ersten Kuss...Alles so wie es sein soll, wenn man später von einer glücklichen Kindheit erzählen will. Heimlich schauen er und seine Kumpels immer wieder "Apocalypse Now" (es ist die Zeit, in der Väter oder Onkel in Vietnam gekämpft haben), spielen Krieg und ahnen nicht, welchen Einfluss der Vietnamkrieg und seine Folgen, auf Max Familie und sein weiters Leben haben wird. Wie später auch 9/11. Die Mutter ist eine überzeugte Anhängerin der AKP (m-l!). Der Vater, eher ein kommunistischer Mitläufer, beschließt irgendwann sein Arbeiterklassendasein an den Nagel zu hängen und im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, seinen Flug/Pilotenschein in den Hut zu werfen und endlich wieder einen richtigen Job zu machen.
Für die Familie heißt das "ha det bra" Stavanger und "high five" New York. Dann passiert alles mögliche, was eben so passiert, wenn man sich neu sortieren muss. Viele Jahre geht alles gut, Max und Schwester Ulrikke verlieren ihr Heimweh und hauen ihre Fersen in den Asphalt von Long Islands Garden City. Sie werden erwachsen, fliegen aus und verlassen ihre Eltern, die einander schon längst verlassen haben. Max erlebt seine erste große Liebe, wird Schauspiel an einer renomierten Academy of Dramatic studieren und seinen Onkel, das schwarze Schaf der Familie und Bruder seines Vaters, auf der Upper Westside finden.Er wird mit Mischa und Onkel Ove im spektakulären Apthorp wohnen, den 11. September hautnah miterleben und erkennen, dass Krieg allgegenwärtig ist - nur die Schauplätze verändern sich. Aus Ove ist längst Owen geworden. Seine norwegischen Wurzeln hat er gegen amerikanische eingetauscht, die ihn aber nicht wirklich am Boden festhalten können. Was damals geschah, warum Ove und Max Vater seit mehreren Jahrzehnten keinen Kontakt mehr hatten, weshalb Ove nach Amerika ausgewanderte, erzählt sich zwischen, Jazz und Klassik, Kinofilmen und Theaterveranstaltungen, Kunstausstellungen, Saufgelagen, "flotten-Dreier-Beziehungen" (nicht mit Onkel Owen - Gott bewahre!) und langen Spaziergängen am East River. Zwischen Brooklyn und der Manhattan Bridge, in Harlem, der Bronx, oder im Central Park erzählt Ove, wie er sich fand und wieder abhanden gekommen ist. Und im Sound der 80er und 90er Jahre, bis ins Jahr 2012, lässt Johan Harstad uns am Leben und Leiden von Max Hansen teilhaben, der schon "viel zu früh, den Fehler gemacht hat, seine Seele in seine Arbeit zu legen" und sie nicht bzw in einem völlig rampunierten Zustand zurückbekommen hat. Max und seine Freunde sind am Ende nicht mehr die drei leichtfüßigen Musketiere, die das Leben rocken aber immer noch bereit, zu neuen Ufern aufzubrechen...
Wer auch immer die Protagonisten sind, Johan Harstad hat sie "laufen lassen" und wenn sie sich ihre Nasen blutig gestoßen haben, zurück geholt und in den Arm genommen. Man hat das Gefühl, da is immer einer, der sich Sorgen macht und aufpasst. Mit diesem Buch ist man "sicher", braucht sich vor nichts mehr zu fürchten und bereit für die einsame Insel.
Was für ein Buch! Ich liebe es und verneige mich tief!
Takk!
Lesen! Unbedingt lesen!