Leitfaden für Liebe auf den ersten Blick

Nathan Hill:"Wellness" (Verlag Piper) | 9.2.2024
Jack und Elisabeth haben sich lange genug beobachtet, um sich in den jeweils anderen zu verlieben und das perfekte Paar zu werden. Beide sind vor ihren Familien nach Chicago getürmt, fest entschlossen, auf eigenen Füßen zu stehen und alles richtig zu machen. Die Neunzigerjahre, eine entfesselte Kunst- und Musikszene bieten dem jungen Fotografen und der Psychologiestudentin die perfekte Kulisse, ihre Träume zu leben. Sie fühlen sich seelenverwand und im ständigen Einklang miteinander. Dass das alles nur auf einem gewissen "Placebo Effekt" beruht, wird ihnen erst später und auf ziemlich "harte Tour "bewusst werden. Kurz nach ihrer Hochzeit kommt Sohn Toby auf die Welt. Ein kleiner, kluger Einzelgänger und notorischer Neinsager, der ihnen das Leben schwer macht, sie an ihre Grenzen bringt und ihr Vorhaben, die perfekten Eltern zu sein, im Keim erstickt. Während Jack mit Frau und Kind einfach nur glücklich und zufrieden sein wil, hinterfragt Elisabeth immer häufiger ihr Muttersein, ihr Eheleben und ahnt, dass sie im Begriff ist, die gleichen Fehler zu machen, wie ihr narzisstischer  Vater. Und auch Jack kann dem Fluch seiner Familie nicht entkommen. Je mehr die Beiden versuchen sich und ihr Leben zu optimieren, um so verfahrener wird ihre Lage. Polyamouröse Abenteuer, gesundes Essen, Fitnesswahn und Achtsamkeitstrainig - alles wird ausprobiert aber nichts hilft und als dann auch noch ein Immobilienkauf platz t und der Traum der perfekten Wohnung gründlich in die Hose geht, scheitert die Familie an ihrer eigenen Courage. Fast! Gott sei Dank gibt es einen Plan B, den beide noch nicht kennen und der sich im Tod von Jacks Vater offenbart...
Das ist so großartig, herzzerreißend, humorvoll und durchaus erhellend. Das Leben ist wie es ist und   was man selbst daraus macht. Wenn man immer nur noch oben schaut, sieht man nicht, was direkt vor einem passiert und wer stets nur den anderen gefallen will, verliert sich selbst aus dem Blick. Ein große Liebe in modernen Zeiten und ein  wunderbarer Gesellschaftsroman, in dem sich jeder wiederfinden kann.
Das Ende ist leider ziemlich misslungen und ärgerlich. Aber das verzeiht man diesem grandiosen Buch sofort. Enorm gut übersetzt von Stephan Kleiner und Dirk van Gunsteren.
Lesen!
Unbedingt lesen!