Tarjei Vesaas: "Das Eis-Schloss" (Guggolz Verlag) | 3.11.2021
Während das Waisenkind Unn und die nachdenkliche Siss sich anfreunden, versenkt sich Norwegens strenger Winter in die Dunkelheit. Die beiden Mädchen nehmen lange Wege auf sich, lassen sich von der klirrenden Kälte beißen, fürchten weder abgefrorenen Nasen noch unheilvolle Eislurme, um sich zu treffen. Gleich wird klar wie ähnlich sich beide Kinder sind. Sie fühlen sich stark zueinander hingezogen, spüren ein gemeinsames Leuchten und eine große Vertrautheit. Doch bevor Unn ihr schreckliches Geheimnis mit Siss teilen kann, verschwindet sie spurlos. Das Eis-Schloss (ein gefrorener Wasserfall) hat seine Königin eingeladen und wird sie vor dem nächsten Frühjahr nicht mehr gehen lassen. Siss fällt in tiefe Traurigkeit und schnell wird klar, wie Unn sie und nahezu die ganze Gemeinde verändert hat.
Erstaunlich wie ruhig und nachdrücklich sich die wenigen Menschen, die dort in dieser eisigen, bizarren Landschaft leben zusammenhalten, Siss begleiten und sie am Ende zurückgewinnen.
In kurzen klaren Sätzen und klirrenden Worten nimmt Tarjei Vesaas uns mit in eine längst vergangene Zeit. Ohne Einflüsse von außen, kalt, dunkel und in tiefster Abgeschiedenheit lässt Vesaas sich den Mensch auf das Wichtigste reduzieren. Seine Mitmenschlichkeit.
Was für ein beeindruckender Autor! Was für eine Übersetzung! Was für ein Buch!
Eine Perle, eine leuchtende Eisblume - ein großer Schatz!
Lesen!
Unbedingt lesen!