Israel war schon immer eine komplizierte Angelegenheit

Lavie Tidhar: "Maror" (Verlag Suhrkamp) | 26.5.2024
Von 1974 bis 2008 wird episodenhaft eine Geschichte Israels erzählt, die erschreckend und ziemlich verstörend ist. Cohen und Avi, zwei korrupte Polizisten, die ihren eigenen Gesetzen folgen und ihre Beziehungen von Tel Aviv über Los Angeles, den Libanon bis in den tiefsten Dschungel Kolumbiens spielen lassen. Es werden Waffen, Diamanten und Drogen geschmuggelt, Auftragsmorde begangen und Rebellen ausgebildet. Amerika, Russland, Europa und der Nahe Osten - alle sind irgendwie involviert. Keiner lässt sich in die Karten schauen. KGB, CIA und der Mossad spionieren sich gegenseitig aus.  Contras, militante Orthodoxe, Söldner und die FARC treiben ein wildes Verwirrspiel mit- und gegeneinander, lassen Leichen und tonnenweise Koks verschwinden und die Leser:in stets im Trüben fischen. Während Cohen patriotisch in Israel alle Fäden miteinander verknüpft, erliegt Avi seiner Gier nach Geld und Macht. Und auch Alexei, Nir, Aslan,Carlos und Kippy...sind bereit für Geld oder Drogen oder beides über alle Grenzen zu gehen. Alle sind unsympathisch, brutal und leben von einem Tag auf den anderen... Es ist kompliziert und verlangt einem einiges ab. Thriller? Fehlalarm! Da thrillt wirklich gar nichts. Aber es zieht einen magisch in den Bann, hat man sich erstmal drauf eingelassen. Man versteht nicht alles und will doch alles wissen und der verwirrenden Geschichte auf den Grund gehen.
Lavie Tidhar zeigt eine ungemütliche Innenansicht des israelischen Staates und übt herbe Kritik am Staatsapparat. Gerade ein sehr heikles Thema. Trotzdem: ein starkes Buch, an dem man sich schön abarbeiten kann. Aber Achtung: nichts für zarte Gemüter und Angsthasen. Übersetzt von Conny Lösch!
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