Von Stockholm-Syndrom bis Blutrache.

Liz Nugent:"Seltsame Sally Diamond" (Verlag Steidl) | 8.7.2024

Nachdem  Sally Diamond ihren verstorbenen Vater im Müll entsorgt hat, und sehr befremdlich auf die allgemeine Aufregung im Dorf reagiert, wird tief in ihrer Vergangenheit gegraben. Und da kommt allerhand Unerfreuliches zutage. Die vermeintlich taube und autistische Adoptivtochter Sally, heißt eigentlich Mary und ist Opfer eines schrecklichen Entführungsdramas viele Jahrzehnte zuvor.  Nach dem Tod des Adoptivvaters ist Sally ganz auf sich allein gestellt, muss lernen, sich in die Gesellschaft einzugliedern, fremden Menschen zu vertrauen, eigene Entscheidungen zu treffen und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Nach Durchsicht ihrer Krankenakten wird sie mit dem ganzen Ausmaß der Vergangenheit konfrontiert. Sie erfährt die tragische Geschichte ihrer leiblichen Mutter, versteht warum ihre eigenen Erinnerungen erst ab dem siebten Lebensjahr abrufbar sind und noch einiges mehr. Je intensiver sie nachforscht, umso mehr Personen treten in ihr Leben. Es gibt durchaus noch weitere Opfer und Familienangehörige, die Sallys Nähe suchen. Aus unterschiedlichen Gründen. Bald wird klar, dass man Traumata nicht einfach abschneiden kann und dass es nicht bei dieser einen Entführung geblieben ist...
Heiliger Bimbam! Das ist eine Wuchtbrumme, ein Pageturner und "kalt-über-den-Rücken-Läufer"!
Was für ein spannendes Meisterwerk der Unterhaltung. Sally ist liebenswert, einzigartig ehrlich und direkt, trägt ihr Herz auf der Zunge und hält uns oft den Spiegel vor.
Großes irisches Kino! Grandios übersetzt von Kathrin Razum.
Lesen!
Unbedingt lesen!