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Deborah Feldman: "Überbitten" (Verlag Secession) | 9.7.2017

Deborah Feldman: "Überbitten" (Verlag Secession)Ultraorthodoxe Juden. Unterdrückung der Frau. Zwangsheirat. Ein Ghetto in Williamsburg, der streng gläubigen Gemeinde chassidischer Satmarer... All das hat die 23-jährige Deborah gemeinsam mit ihrem Sohn hinter sich gelassen. In ihrem Buch "Unorthodox"  beschreibt die mutige und kluge junge Frau ihr Leben ohne Glück und Freude, bis hin zu dem Entschluss, ihrem Kind eine bessere Welt zu ermöglichen.

Nachdem sie die Gemeinde verlassen hat und sich in New York mit einem Leben voller Entbehrungen und Einsamkeit wiederfindet, merkt sie schnell, dass ankommen nicht immer gleich ankommen bedeutet. Das Wort Exil hat eine völlig neue Konnotation!

Sie meandert ängstlich und neugierig zugleich durch die Straßen von Brooklyn. Beobachtet, schließt Freundschaften, studiert, schreibt ihr erstes Buch - lernt zu leben, frei und selbst bestimmt - lernt zu überleben. Auf der Suche nach Heimat, begibt sie sich auf die Spuren ihrer geliebten Großmutter, einer Überlebenden des Holocaust. Immer wieder verschlägt es Deborah auf den europäischen Kontinent, immer häufiger wähnt sie dort ihre Wurzeln. Bestimmte Gerichte, bekannte Gerüche, vertraute Geräusche und nicht zuletzt die große Liebe zur europäischen Literatur und das unerhörte Geheimnis des Urgroßvaters lassen die junge Frau nach 6 Jahren dann doch noch so etwas wie Heimat finden.

"Die Autorin lebt mit ihrem Sohn in Berlin" (...) steht zwischen den Buchdeckeln über Deborah Feldman. Trotz immer wiederkehrender rassistischer Anfeindungen und Übergriffen, trotz Shoa und Diaspora, hat die Autorin sich für ein Land entschieden, das für ihre Jüdische Gemeinde die Hochburg der Schreckgespenster ist. Und ausgerechnet Berlin! Die Wurzel allen Übels!

Wenn man liest, warum die Autorin nach Berlin gekommen und hier geblieben ist, sogar die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt hat (und mittlerweile auch deutsche Staatsbürgerin ist!), wird verstehen, dass es kaum einen besseren Ort gibt! "Iberbeten"- jemanden mit Bitten zu überwinden, sollten wir alle wieder lernen - verzeihen und nicht vergelten! In ihrer Säkularisierung wurde der Autorin Humanismus zur Religion und die Literaten der Aufklärung zu ihren Heiligen.
So könnte es funktionieren mit einer besseren Welt!

Was für ein Buch! Wer da nichts findet, was ihn packt, zum Nachdenken anregt und in die Reflexion treibt... dem ist nicht mehr zu helfen!

Lesen!
Unbedingt lesen!