Ian McEwan:"Lektionen" (Verlag Diogenes) | 16.10.2022
Wie wäre Rolands Leben verlaufen, wäre nicht die erste Lektion ein jugendlicher Missbrauch gewesen? Hätte er eine andere Frau geheiratet und kein Kind großgezogen? Der Klavierlehrerin und Mozart treu geblieben anstatt Jazz und "Mampfmucke" zu spielen? Und was wäre ohne die Lektionen im Internat aus ihm geworden? Hätte er seine Eltern retten können, die die Familie in das brüchige Fundament einer großen Lebenslüge eingebettet haben? Und wie wäre die Welt ohne alle politischen Fehlentscheidungen, Kriege, Umstürze, und digitalen Fortschritt? Alles hängt mit allem zusammen, nichts ist wirklich planbar. Alles passiert, weil es passieren muss. Wenn man Glück hat trifft man mitunter richtige Entscheidungen, doch ein winziger Schritt in die falsche Richtung, kann fatale Folgen haben...Von der "Weißen Rose" über die Kuba Krise den Falklandkrieg bis hin zu Kulturrevolution, Pandemie und Klimawandel schlägt McEwan den großen Bogen eines ganzen Jahrhunderts. Es gibt Krieg und Frieden, Liebe und Verrat, große Glücksmomente und tragische Verwicklungen. Wie im Fieber rast man durch die Seiten, blättert wieder zurück, will kein Wort überspringen, keine Zeile verlieren. Ist froh und traurig zugleich, hofft und bangt und wünscht, dass es sich gut ausgeht. Will nicht dass es aufhört und sehnt doch das Ende herbei um endlich aufatmen zu können. Denkt noch lange darüber nach, nicht ohne sein eigenes Leben unter die Lupe zu nehmen.
Was für ein Buch! Ein Wahnsinn! Das braucht die Welt und jeder einzelne Leser!
Noch ein Buch des Jahres!
Lesen!
Unbedingt lesen!