Keine Verwandlung ohne Verrat

Daniel Schulz: "Wir waren wie Brüder" (Hanser Berlin) | 22.2.2022
Während sich die DDR auflöst, sich unterordnen muss und vielerorts den Anschluss verpasst, probt die Genaration, die zwischen alt und neu schon groß genug ist um zu erinnern was war und zu wünschen was sein soll, ihre eigene Revolution.
Wo ist der Platz im Leben, den sich die Freunde, die ihre Kindheit wie Brüder verbracht haben, neu erobern müssen? Während der Eine sich die Haare langwachsen lässen, rasiert der Andere sie ab. Die Freiheit nach der sich die jungen Wilden gesehnt hatten, ist plötzlich trügerisch und macht Angst. Wird unterteilt in rechts und links. Während ein schleichender Prozess von Gewalt und Ausgrenzung die Freunde spaltet, ihre Freundschaft  infiltriert und die Verbundenheit auf eine harte Probe stellt wird ein brandenburgisches Dorf abgehängt. So wie viele Dörfer und Regionen einfach vergessen und sich selbst überlassen. Dass da man da "mit der Faust in die Welt schagen will" scheint verständlich. Während die Punks sich verstecken, rotten sich die neuen Nazis zusammen, brüllen Parolen, die sie nicht wirklich verstehen und hauen um sich, was das Zeug hält. Die eigene Scheiße vergessen indem man aus den anderen die Scheiße rausprügelt. So einfach ist das. Was richtig oder falsch ist spielt keine Rolle - einfach irgendwas machen um zu spüren dass man noch da ist. Wie banal und fast unschuldig Rassismus und rechte Gewalt enstehen kann, ist schon erschreckend zu lesen. Weil alle immer nur schön "die drei Affen" machen (nichts sehen, nichts hören, nichts sagen) wird aus einem Strohfeuer bald ein Flächenbrand. Und da werden nicht nur Bäume abgefackelt...
Krasses Ding! Krasse Sprache! Krasse Geschichte! Aber wahr und wichtig! Wenn man etwas ändern will muss man verstehen. Das gelingt nach diesem Buch auf jeden Fall!
Lesen!
Unbedingt lesen!