Ben Lerner: "22:04" (Rowohlt Verlag) | 8.3.2016
Ein Autor schreibt ein Buch über ein Buch, das einen Autor beschreibt, der ein Buch schreibt...
Klingt irre!
Ist es auch!
Und zwar irre gut!
Wie in
Abschied von Atocha ist eine unbedeutende Szene aus einem Science-Fiction-Film titelgebend. Tolles Stilmittel, weil man die ganze Zeit nach dieser magischen Uhrzeit sucht.
Sollte man sich nicht mit aufhalten! Überhaupt sollte man sich nicht mit Kleinigkeiten aufhalten.
Wer ständig verstehen will, wer das nun wieder ist oder ob man jetzt im Buch des Buches oder im echten Leben des Schriftstellers steckt... Der sollte diesen herrlich verzwickten, äußerst klug und intelligent gemachten Roman dieses "Typen mit Brille" eher nicht lesen.
Wer Lust hat auf intelligente, zeitgenössische, leicht lesbare Hochliteratur (es gibt sie wirklich!!!),
kommt an diesem Buch nicht vorbei! Hier wird der Literaturbetrieb ganz nach Ben Lerner Manier hübsch vorgeführt, die Welt immer wieder mal aus den Angeln gehoben und der Leser darauf hingewiesen, sich und seine Mikroprobleme doch bitte nicht zu ernst zu nehmen. Der Mensch ist ein Fliegenschiss, gemessen am großen Universum! Und Kunst und Liebe sollten das Zeug sein, dass die Welt zusammenhält.
Nicht mehr und nicht weniger!
Und nebenbei ist es ein wunderbarer Roman über New York - man will da sofort (wieder) hin! Über die Katharsis von Spaziergängen, die Gefährlichkeit von Weißheitszähnen, vergrößerten Aorten, der Frage ob beste Freunde ein Kind zeugen sollten (und vor allem wie) und jede Menge Sinn und Unsinn - ganz normales Leben halt!
Was für ein Buch!
Lesen!