Die Opferrolle ist eine Entscheidung(?)

Natasha Brown:"Zusammenkunft" (Suhrkamp Verlag) | 14.2.2022
Die Angst bleibt, ist immer da und allgegenwärtig.
Obwohl sie es ganz nach oben geschafft hat.
Obwohl sie härter an Ihrer Karriere gearbeitet hat als jeder Andere.
Zählt alles nicht weil sie schwarz ist. Entweder hat die Bank sie im Fall von "wir-sind-auch-divers-und-geben-person-of-color-eine-chance" befördert oder einer der Vorgesetzten war scharf auf sie. Anders kann es nicht sein. Die männlichen Kollegen sind sich da ganz einig. Auf den Olymp der Hochfinanz gehört so eine jedenfalls nicht wirklich. Come on! Das britische Klassensystem bröckelt und zeigt seine hässliche Fratze. Rassismus und Diskriminierung bleiben an der Tagesordnung, höchst kultiviert verpackt.
Als die junge Frau in die Familie ihres weißen akademischen Freundes eingeführt wird, gibt es einen Zwischenfall der sich so krass ausnimmt, dass man es kaum glauben mag. Und doch weiß: genauso läuft es ab. Immer noch und immer wieder. Wäre da nicht diese Diagnose, die das ganze interfamiliäre Showlaufen zur Farce werden lässt. Man erkennt früh, dass die junge Frau zwar ins offene Messer rennt aber schon längst weiß, dass es keine wahre Zukunft im Empire für sie geben wird. Am Ende wird sie einen touchdown plazieren, der sich gewaschen hat...
Die Welt ist divers, da beißt die Maus kein' Faden ab. Unter jeder Hautfarbe fließt das gleiche Blut. Wann kapieren wir das endlich? Wann legen wir die Scheuklappen weg und lassen die verschiedenen Kulturen voneinander profitieren?
So kurz dieser Roman ist (hundertvierzehn Seiten!), so wuchtig kommt er daher und lässt einem den Atem stocken!
Das ist wahre Kunst!
Lesen!
Unbedingt lesen!