Wer sich nicht wehrt, kommt an den Herd!

Alba de Céspedes:"Aus ihrer Sicht" ( Verlag Insel)) | 14.3.2023
Während Mussolini Italien fest im Griff hat, verucht Alessandra sich aus den Fängen des strengen, verbitterten Vaters zu befreien und zu emanzipieren. Schon ihre Mutter, die im Freitod die einzige Chance sah, selbstbestimmt zu handeln, glaubte an die Möglichkeit von Glück und einer großen Liebe, trotz  patriachalischen Strukturen. Unter dem Joch dominanter Ehemänner, den Schrecken des Krieges und ständiger Entbehrungen, ist es den Frauen kaum möglich sich selbst, geschweige denn Wünsche, Träume und höherer Ziele einzufordern. Egal ob Faschisten oder Partisanen: Gleichberichtigung existiert nur unter Männern. Als Alessandra auf den Antifaschisten Francesco trifft, ihn heiratet und sie einander in tiefer Liebe verbunden sind, politisiert sich die junge Frau gegen seinen Willen. Während man auf das Kriegsende wartet, Francesco im Gefängnis sitzt, Alessandra mutig Bomben unter Erbsen und Salatköpfen schmuggelt, hofft sie auf die Möglichkeit eines Neuanfangs. Eine Beziehung auf Augenhöhe, gleichberechtigt und glücklich. Als sie feststellen muss, dass ihr Mann zwar unversehrt zu ihr zurückkehrt, doch seine hierarchische Vorstellung von Ehe und einem gemeinsamen Leben, haben Widerstand und Faschismus überlebt. Die Rückkehr an den Herd und in die traurige Sprachlosigkeit einer ungleichen Partnerschaft, stehen unweigerlich bevor. Für die enttäuschte junge Frau gibt es nur einen Ausweg.
Aus ihrer Sicht, wird Alessandra später vor Gericht, über die Tragödie einer großen Liebe erzählen. Über einen Mord als Akt des Widerstands gegen die mörderische Institution Ehe...
Nicht nur Annie Ernaux und Elena Ferrante waren von Alba de Céspedes tief beeindruckt. Ihre Stimme, ihre durchaus feministischen Romane haben ganze Generationen junger Frauen beeinflusst und schon früh Italiens verkrustete Strukturen in Frage gestellt.
Lesen!
Unbedingt lesen!