Der Schwule und das Flittchen

Helen Weinzweig:"Von Hand zu Hand" (Verlag Wagenbach) | 23.10.2020
Die Geschichte ist schnell erzählt: zwei Menschen legen sich die "Fesseln der Ehe an" um endlich frei zu sein. Scheinbar völlig ohne roten Faden, gleich einer "Loseblattsammlung" wird von einer Hochzeit der Upper Class Torontos erzählt. Jeder einzelne geladene (und ungeladene!) Gast hinterlässt eine Giftspur nur um gleichzeitig selbst demontiert zu  werden. Es wird gebissen und gekratzt, gespuckt und verflucht - alles unter dem Deckmantel der Höflichkeit. Das Brautpaar: ein homosexueller Mann und eine promiskuitive Frau. Beide verlassen, verraten, verbrämt - in Ungnade gefallen. Die Hochzeitsgäste: gedemütigt, wütend, gemein und gehässig. Alte Wunden reißen auf, alle hatten irgendwie miteinander zu tun und sich gegenseitig das Leben schwer gemacht. Das Brautpaar muss einmal durch die Hölle und wieder zurück um sich  am Ende gegenseitig die Absolution zu erteilen.
Während die Meute hetzt, den frisch Vermählten das Hochzeitszimmer abhanden kommt und die Kälte sie zwingt einander ganz nah zu sein, gibt es auf die Frage: Bereit? nur eine Antwort:Bereit!
Wie großartig diese Autorin die Gesellschaft im Allgemeinen und die Menschen im Besonderen unter die Lupe nimmt! Es macht diebischen Spaß diesen literarischen Sprenkeln, menschlichen Versagens zu folgen. Wie schön wir uns doch alle selbst belügen. Augen zu und durch! Und wenn es schief geht, sind es immer die anderen, die Schuld haben.
Liebe allein ist einfach nicht genug!
Lesen!
Unbedingt lesen!