Epidemie der Freude.

Michael Kumpfmüller:"Mischa und der Meister" (Verlag Kiepenheuer & Witsch) | 24.8.2022
Jesus besucht für eine kurze Zeit "die alte Göre Berlin" und versetzt ihre Bürger in entrückte Zustände. Alles Böse weicht von den Seelen der Heimgesuchten. In einer kurzen, traumhaften Metamorphose sind alle gleich und einander zugetan, liebevoll und großzügig.  Doch der Teufel steckt im Detail und ruft sich selbst auf den Plan. Mal als Pudel, mal als Querulant, fährt der Gehörnte in sieben verschieden Männer. So mischen sich ein Zahnarzt, ein Malermeister, ein Gebrauchtwagenhändler, ein Bezirksstadtrat, ein Theaterregisseur, ein Universitätsprofessor und ein Steuerberater  unter die Geläuterten um Gier, Neid und Missgunst zurück in die Gesellschaft zu bringen. Jesus, "der Mann der gestorben war" ist wie bei "Meister und Margarita" von Bulgakow plötzlich ganz irdisch, genießt gutes Essen, verliebt sich eine schöne Frau und lässt sich vom Leben auf die Probe stellen. Es gibt fliegende Ballköniginnen, sprechende Hunde, schwimmende Katzen und viel absurdes Zeug. Bulgakow lässt in jeder Überschrift grüßen und hat auch sonst die Zügel fest in der Hand. Wer "Meister und Margarita" gelesen hat, wird sich freuen, wer dieses Buch nicht kennt, es gleich und sofort lesen wollen. Mit Mischa, Anastasia und Onkel Wladimir wandern wir von Kreuzberg nach Mitte, über Pankow zurück nach Schöneberg und klappern nebenher legendäre Kneipen, Clubs und Cafes ab. Am Ende stellt sich die Frage, was täte das Gute, wenn das Böse nicht wäre?" Wenn die Schatten von der Erde verschwänden, wäre eben diese wohl nur ein kahles Licht", hat Voland schon in "Meister und Margarita" verkündet. Und das ist wohl wahr. Was für ein charmantes Buch! Macht Lust auf Borschtsch, Schostakowitsch und russische Literatur! Und auf eine Tour quer durch "die alte Göre Berlin".
Lesen!
Unbedingt lesen!