Ottessa Moshfegh:"Lapvona" (Verlag Hanser Berlin) | 6.2.2023
Ein verrückt gewordener Fürst, der aus Langeweile seine Untertanen trangsaliert, verhungern und verdursten lässt. Ein Priester, der die Bibel vergessen hat und nur zum eigenen Vorteil predigt. Eine Amme, die sich an Menschenfleisch labt und die Welt mit Pferdeaugen betrachtet. Ein missgestalteter Junge, dessen bösartiger Vater nur den Lämmern seiner Schafsherde wohlgesonnen ist und seinen Sohn, ohne mit der Wimper zu zucken, am Hof des "Königs" verramscht. Es wird gestohlen, geschlagen und gefoltert, vergewaltigt und verreckt, was das Zeug hält.
Das reinste "Sodom und Gomorrha" in einer Zeit, die irgendwo im Mittelalter verankert scheint. Die meisten Menschen sind böse, stumpf und seelenlos. Wer kann, verschwindet in den Tiefen des Waldes doch auch dort ist von einer besseren Welt keine Spur. Das Grauen lauert hinter jedem Baum und lässt weder Mensch noch Tier aus. Am Ende schließt sich geschickt ein Kreis und lässt uns grübelnd (und staunend) zurück.
Ein krasses Spektakel und nur den Tapfersten unter uns zuzumuten. Ein Meisterwerk an literarischer Finesse und ein Konglomerat menschlicher Grausamkeiten. Wie eh und je taugt der Mensch zu nicht viel gutem und muss erst alles zerstören, um sich neu erfinden zu können. Man denkt an "Das Parfüm" und "Game of Thrones" und nicht zuletzt an die Welt, in der wir heute leben. Auch wenn das alles überzeichnet und kaum auszuhalten ist, gibt es viele hässliche, brutale Parallelen zu unserer Gesellschaft, die sich einfach nur in hübscheren Gewändern zu verbergen weiß.
Lesen (wenn man sich traut)!