"I have a dream!"

Colson Whitehead: "Underground Railroad" (Roman Hanser) | 31.8.2017
Colson Whitehead: "Underground Railroad" (Roman Hanser)

Bevor Martin Luther King predigen, Rosa Parks einem weißen Mitfahrer den Sitzplatz verweigern und Barack Obama Präsident der Vereinigten Staaten werden konnten, hat Amerika mehr als zwei Jahrhunderte Sklaverei zu verbuchen. Über eines der schlimmsten und dunkelsten Kapitel dieser Zeit erzählt der Pulitzer Preisträger 2017. Anhand einer wahren Begebenheit, der Organisation "Underground Railroad", die viele schwarze Sklaven mittels "Schaffnern", "Passagieren", "Gepäck" und "Paketen", "Zugführern", "Anteilseignern" und "Bahnhofsvorstehern" in die free states schleusen konnte. Vom gefürchteten Süden in den etwas sichereren Norden, teilweise bis nach Kananda, das gelobte Land. Allerdings setzten sich alle, die Geflohenen und auch die Fluchthelfer, schwerster Folter und Todesstrafe aus.

Der Twist, den Whitehead macht, die "Underground Railroad" als wirkliche, unterirdische Eisenbahnlinie einzusetzen, macht die Geschichte, so traurig sie ist, umso spannender und gut nachvollziehbar. Cora, auf einer Baumwollplantage geboren, schließt sich einer kleinen Gruppe fluchtbereiter Sklaven an. Ihr furchtbares Martyrium als Leibeigene lässt sie diese mutige Entscheidung treffen. Auf einem  langen Weg der Angst, Schmerzen, völligen Erschöpfung und immer wiederkehrender Rückschläge, begleitet der Leser ein Trio Infernal, das am Ende nur einen davon kommen lässt...

Coras Geschichte zieht einen dermaßen in den Bann, dass man mitfiebert, leidet, sich fürchtet, sich freut und oft, in Tränen aufgelöst, nach Abbitte und Gerechtigkeit schreit! Was kann ein Mensch alles aushalten? Wieviel schwärzer sind manche weißen Seelen, als die Haut eines Schwarzen? Was tun Menschen sich gegenseitig an? Jeder verrät jeden, denunziert, intrigiert und versucht auf Kosten Schwächerer zu überleben. Und doch gibt es etwas zutiefst Humanistisches an diesem Buch, etwas, das uns hoffen lässt: Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft! Ein Sehen, wie es wirklich ist, und den großen Wunsch nach Gerechtigkeit.

Die Geschichte des Sklavenhandels ist so heutig, dass es einem kalt den Rücken hinunter läuft - und man auf jeder Seite daran erinnert wird, wie schwer es ist, schwarzer Hautfarbe, illegal und auf der Flucht zu sein!

Was für ein Buch! Was für ein Buch!

Lesen!
Unbedingt lesen!