Zwischen Brüsten und spitzen Zungen, Blut und Wasser - es darf gelacht werden!

Mithu Sanyal: "Identitti" (Verlag Hanser) | 3.3.2021

Endlich hat Nivedita ihre Identifikationsfigur gefunden. Als Tochter eines indischen Vaters und einer deutschen Mutter hat man es in Zeiten der Black-Lives-Matter-Bewegung nicht gerade leicht. Mit der genauen Zuordnung. Als die neue und vor allem indische Professorin Saraswati ( "Intercultural Studies/Postkoloniale Theorie") ihre Vorlesungen mit "alle Weißen bitte aufstehen und raus" beginnt, heftet sich Nivedita voller Zuversicht an Sarawatis ethnische Fersen.
Und dann platzt die Bombe! Saraswati ist weiß! Heißt Sarah Vera Thielmann, hat in Karlsruhe das Licht der Welt erblickt, astrein deutsche Eltern und mit Sicherheit kein My indisches Blut unter ihrer Hautfarbe.
What????? Alles erstunken und erlogen, sich selbst erschaffen in Eigenkreativität. Handgeschöpft sozusagen. Darf man das? Und: kann man weiß sein überhaupt loswerden?
Für Nivedita bricht eine Welt zusammen und gegen Saraswati-Vera ein Shistorm aus. Die trotzt den ""kulturellpostkolonialrassischtischen" Verbalattacken und fragt nach der Deutungshoheit über Kultur und Identität. Alle regen sich künstlich auf, sprengen das Internet und verweisen die falsche indische Göttin des Campus. Sara(hVera)swati lacht sich eins ins Fäustchen (meistens jedenfalls) stellt provokante Fragen zum Kampf der Kulturen und kriegt letztlich sogar den besten Job ever...
Wie cool ist das denn? Da werden auf jeder Seite ernste und hoch sensible Themen verhandelt und dennoch lacht man sich schlapp und kann es kaum glauben: da traut sich eine, die so  klug ist und weiß wovon sie spricht (Sanyal ist mit polnischer Mutter und indischem Vater sowas von PoC) auf das dünne Eis des Humors. Lacht über sich selbst und mit dem gesamten Personal der Geschichte. Entspannt den Diskurs um Identität und kulturelle  Herkunft.Trotzdem immer PC (auch ohne PoC) und niemals anmaßend oder despektierlich. Am Ende kann man nur feststellen, dass unter jeder Hautfarbe das gleiche fließt. Blut und Wasser. Nicht mehr und nicht weniger.
Danke Mithu Sanyal! Ich sehe wieder etwas klarer im interkulturellen Identitätsdschungel.
Ist das ein intelligentes, witziges, gutes, richtiges und wichtiges Buch!
Allemann an die Seiten und lesen!
Unbedingt Lesen!
Das ist ein Befehl!

 


Friendly Fire - Von Drachenläufern und Drohnen

Eva Munz: "Oder sind es Sterne" (Verlag Antje Kunstmann) | 3.3.2021

Paris, Kabul, San Diego, Los Angeles.
An diesen Orten entscheidet sich für Sameer, dem klugen Weisenkind, Ryder US - Marine mit Spezialauftrag in geheimer Mission und Hasir, einem Exil-Afghanen in Paris die Frage nach dem Sinn des Lebens.
Während Osama bin Laden die Twin Towers attakiert, Ryder seinen Kollegen und Freund Kellog an einen defekten Fallschirm verliert, Hasir Zaman in seinem Pariser Penthouse beschließt seinen Neffen Sameer endlich aus Kabul rauszuholen, verändert sich durch den Terrorangriff die Welt.  Amerika versinkt in Trauer und kollektivem Hass gegen Afghanistan, Syrien verschwindet unter der Burka und im Krieg. Frankreich fürchtet sich mit dem Rest der Welt vor weiteren Anschlägen. Nichts geht mehr.
Omenhaft schicken Destiny's Child ihren Song "Survivor" über den Äther, eine heimliche Hymne auch für Sameer, Ryder und Hasir. Während der Junge raus soll (und nicht will), der Soldat rein soll und nicht darf, gerät Hasir mit seinem franzözischen Pass und seiner afghanischen Herkunft unter Beobachtung des amerikanischen Geheimdienstes. Als die Soldaten endlich auf Osamas Spuren sind, Sameer die Wahrheit über seine Mutter erfährt und Hasir sich um Kopf und Kragen redet, vereitelt ein "friendly Fire" die Geheimoperation "Wamblee" und lässt die Welt für lange Zeit aus den Fugen geraten...
Großartig! Wie Frau Munz hier die männlichen Befindlichkeiten erspürt ist irre gut und absolut authentisch. Eine Geschichte über Liebe Freundschaft, Vertrauen und Verrat. Über die verzweifelte Suche nach einem Platz im Leben, Glück und Hoffnung. Wahsinnig gut geschrieben, tolle Dialoge! Spannend und am Ende ein echter Pageturner!
Lesen!
Unbedingt lesen!

 


"Kind sein ist wie ein Ball hochwerfen- Erwachsen werden ist wenn er wieder herunter fällt"

Benedict Wells: "Hard Land" (Diogenes Verlag) | 19.2.2021

Weiter geht's mit Coming of Age. Und wieder ist es der Mittlere Westen Amerikas, der seinen rauhen Charme versprüht, sind es glitzernde Seen und weite Himmel. Und auch hier geht es um ein Kaff mitten in der Pampa und einen Jungen, der seinen Platz im Leben sucht. Der perfekte Anschluss an "Big Sky Country"! Kurz vor seinem sechzehnten Geburtstag schafft Sam es gerade noch, einen Ferienjob zu ergattern und den Fängen seiner Tante und den ständig auf Krawall gebürsteten Cousins zu entgehen. Sams Mutter ist schwer krank, hält sich aber tapfer und will ihren Sohn unbedingt in guten Händen wissen, bevor sie das zeitliche segnet. Der Junge ist freundlich, wohlerzogen und durchaus präsentabel aber still und ein unscheinbarer Außenseiter. Als "Mädchen für alles" kommt Samuel im alten Kino Metropolis nicht nur an die besten Filmklassiker aller Zeiten, sondern findet Zugang zu einer Freundesclique, die man seinen eigenen Söhnen und Töchtern nur wünschen möchte. So cool wie die etwas älteren (und sehr beliebten) Kids  daherkommen ist keiner von ihnen und bald zeigt sich, dass jeder mit den Tücken und Ängsten des Erwachsenwerdens zu kämpfen hat. Erstmal wird der scheue Neuzugang ordentlich unter die Lupe genommen und auf Herz und Nieren geprüft. Sam bleibt beständig, beweist sich als guter Zuhörer, verlässlicher Kumpel und wird im Kreis der Freunde aufgenommen. Der Sommer ist magisch, voller Abenteuer und vermittelt den Eindruck nie zu Ende zu gehen. Geht er natürlich! Die Clique zerstreut sich. Alle außer Sam beginnen ihr Studium. So weit weg wie möglich von Grady. Samuel bleibt zurück, leidet an Liebeskummer und weiterhin am meisten an sich selbst. Erst ein schwerer Schicksalsschlag macht Sam klar, das Erwachsenwerden nicht nur ein frommer Wunsch ist...
Wahnsinn! Schon wieder so ein unglaublich schönes Buch. Geschichten die das Leben schreibt und die jeder kennt. Mit  herzzerreißenden Dialogen, jeder Menge Slapsticks, Chaos und genug Protagonisten mit dem Herz am rechten Fleck. Man leidet, lacht und fiebert mit. Kriegt feuchte Augen und jede Menge Gänsehaut.
Chapeau Herr Wells - das ist ganz großes Kino!
Dieses Buch macht glücklich!
Braucht man das?
Unbedingt!
Lesen! Lesen! Lesen!

 


Stand by me - das Ende eines Sommers

Callan Wink: "Big Sky Country" (Verlag Suhrkamp) | 18.2.2021

Michigan. Eine Farm am Arsch der Heide. Weiter Himmel, lange Tage voll harter Feldarbeit und Holstein Kühen, die sich "nicht von selber melken". Wortkarge Menschen und raue Sitten. Massenweise Katzen, wo ein Wurf den nächsten generiert. Und wenn der ganze Heuboden nach Katzenpisse stinkt, müssen die Viecher "entsorgt" werden. August ist gerade mal zwölf Jahre, freundlich, fleißig und tut eigentlich keiner Fliege was zuleide. Erstaunlich kaltblütig lässt der Junge einen ganzen Sack voller Katzen elendig verrecken - ohne mit der Wimper zu zucken. Man wundert sich. Als die Eltern sich höchst einvernehmlich und ohne großes Drama voneiander trennen, Mutter Bonnie mit August nach Montana zieht, geschieht das nicht nur weil sie keine Lust mehr auf ein Leben in der Pampa hat. Augie tut sich schwer neue Freunde zu finden. Die erste Liebe ist eher toxisch, bricht ihm sein junges Herz und was er studieren soll steht noch nicht mal in den Sternen. "Irgendwie geht es allen anderen gut nur er konnte keine Möglicheit finden, richtig zu leben. Die meiste Zeit wollte er seine eigene Gesellschaft nicht aber ihm fiel kein guter Ausweg ein"(...) Nachdem eine  Feier mit Freunden völlig aus dem Ruder läuft, kehrt  August Montana den Rücken, verbringt einen letzten Sommer bei seinem Vater und beschließt seinen eigenen Weg zu gehen...
Dieses Debüt ist eine Wucht!
Es gibt tolle Dialoge ( schreit förmlich nach Verfilmung) und eine umwerfende Situationskomik.
Das Buch ist fein und sehr liebevoll, hat aber einen verdammt harten linken Haken. Und der trifft manchmal voll in den Solarplexus! Da bleibt einem die Luft weg.
Gut, dass uns das Buch zwischendurch immer wieder ganz fest in die Arme nimmt. Und man spüren kann, dass am Ende alles gut wird!
Is' das schön!
Lesen! Unbedingt lesen!


Ich-Du-Er-Sie-Es-Wir-Ihr-Sie

Bernardine Evaristo:" Mädchen, Frau ETC." (Tropen Verlag) | 17.2.2021
Amma ist schwarz, lesbisch, Mutter einer launigen Tochter, Freundin,Geliebte... Und steht vor ihrem großen Durchbruch als Theaterdramaturgin am Londoner National Theatre. Ein provokantes Stück, dass für die ein oder andere anwesende Wegbegleiter*in peinlich werden könnte. Während Amma an der Themse enlangmeandert, stellt sich für Sie die quälende Frage: Verrate ich uns und all unsere Ideale ans Establishment? Darf ich das?
Während Amma geht und denkt, beschwört sie alle Menschen herauf, die sie beeinflusst haben oder von ihr geprägt wurden.
Da trifft man auf viele Charaktere mit so unterschiedlichen, interessanten sexuellen Orientierungen und beeindruckenden Lebensmodellen (und Lebensgeschichten), dass einem das Herz aufgeht.
Nichts muss, alles kann und darf - solange niemand dabei zu schaden kommt.
Mutter Bummi aus Nigeria ärgert sich über eine Tochter, die viel zu britisch ist und frecherweise einen weißen  Schwiegersohn ins Haus schleppt. Der wiederum so entzückend neugierig und unbritisch ist, dass Dank ihm die afrikanischen Traditionen von Mutter Bummi eine Renaissance erleben dürfen. Egal ob Dominique ihre Erfüllung im "Frauenland" sucht und gerettet werden muss, Tochter Yazz dem old-school-Feminismus genervt die kalte (nackte) Schulter zeigt, Sarah mit ihrer Meute Penelopes Nerven strapaziert und diese völlig ungeniert genderbasierte Unterdrückungsmuster wiederholt oder der Familienesuch aus Malawi die eigene Ethnie mit Füßen tritt . Amma (Evaristo?) macht einen gesellschaftlichen Querschnitt auf, der allgemein gültig ist. Hier und jetzt und überall auf der Welt. Mit großem Verständnis, viel Humor, Liebe und Respekt für ihre Protagonisten entführt uns Evaristo in einen bunten Kosmos menschlichen Lebens.
Wie traurig und langweilig wäre die Welt ohne Diversität?!
Was für ein Buch!
Mein Buch 2021!
Lesen!
Unbedingt lesen!

Klappe zu Affe tot!

T.C. Boyle: "Sprich mit mir" (Verlag Hanser) | 9.1.2021
Sam ist klug, gewitzt, sehr süß, trägt gerne Latzhosen und Ringelpulli. Am liebsten mag er Cheeseburger oder Pizza, liebt Coca-Cola und am Abend, zur Entspannung, gern auch ein Gläschen Rotwein. Finde den Fehler!
In einem Forschungsprojekt und als Gast einer TV-Show zeigt Professor Schemerhorn wie er sich mittels Gebärdensprache mit Sam verständigt und der kleine Charmeur seine größten Wünsche und hintergründigsten Gedanken mitteilt.
Sam ist 2 Jahre alt. Sam ist ein Schimpanse. Sam ist eine Berühmtheit. Für kurze Zeit jedenfalls. Aber Sam wird größer, stärker und zunehmend agressiver. Er beißt jeden, den er nicht leiden kann, reißt immer wieder aus und nimmt bei schlechter Laune gerne das Haus seiner Pflegefamilie auseinander. Während Professor und Affe imer mehr in Ungnade fallen, sämtliche Fördergelder gestrichen werden, soll Sam kurzerhand für Tierexperimente "weiterverwendet" werden und Sams rechmäßiger Besitzerf fällt eine folgenschwere Entscheidung...
Der große T.C. Boyle gibt sich wieder die Ehre! Ich bin etwas irritiert und frage mich, was meinen Lieblingsautor zu diesem Thema verleitet hat? Keine Ahnung. Und traurig ist es allemal weil man ja weiß, warum uns vom Shampoo die Augen nicht mehr tränen, wir Medikamente gut vertragen oder die Hautcreme keinen Ausschlag verursacht. Vielleicht achten wir jetzt wieder mehr auf Produkte ohne Tierversuche oder kultivieren unsere Unzulänglichkeiten. Irgendeinen Sinn muss dieses Thema ja haben. Ein Affenspaß ist es jedenfalls nicht. Bisschen nervig auch, dass Sam im Buch immer wieder selbst zu Wort kommt. Das ist irgendwie uncool, sprengt den Kern der Erzählung und wirkt eher befremdlich. Tierfreunde und Gegner von Tierversuchen allerdings werden dieses Buch lieben. Die scheue Aimee sorgt dann noch für eine zarte Liebesgeschichte (Gott sei Dank nicht mit Sam) und zeigt traurigerweise, dass man allein die Welt einfach nicht retten kann.
Auf keinen Fall sein bestes Buch aber dennoch:
Lesen!
Coming soon! (25.01.2021)

Tanz auf dem Vulkan!

Olivia Manning. "Der grösste Reichtum" (Rowohlt Verlag) | 8.1.2021
Man nehme ein Brennglas und halte es auf Bukarest kurz vorm Zweiten Weltkrieg.  Während Hitler in Polen einmarschiert, die ersten Juden "entfernt" werden und ein paar britische Expats exaltierte Parties feiern, glaubt keiner so richtig daran, dass dieser dumme, deutsche Größenwahnsinnige wirklichen Schaden anrichten kann. Rumänien setzt auf den florierenden Handel mit Deutschland, wähnt sich sicher und unantastbar. Bei einem Attentat wird ein unbequemer Premierminister von deutschen Geheimoffizieren ausgeschaltet und die Tat erstmal renitenden Studeneten aus Bukarest  in die Schuhe geschoben. Nur der alte irisch-russische Jaki, verarmter Adel und begnadeter Schnorrer erkennt, was da wirklich vor sich geht.
Während Bukarest sich immer mehr spaltet, der Schwarzmarkt blüht und die Beschaffungskriminalität bizarre Formen annimmt, wird bei Guy und Harriet getanzt, Champagner getrunken und Kaviar gegessen, als gäb's kein Morgen. Immer mehr Zigeuner, Juden, "entartete" Künstler und Homosexuelle verschwinden. Die illustre Gesellschaft schließt die Augen und sitzt einem großen Irrtum auf...
Harriet ist Olivia Mannings alter ego. Sie selbst war mit ihrem Mann in Bukarest und konnte nur knapp der feindlichen, deutschen Übernahme entgehen. Als Zeitzeugin schreibt sie eindringlich und haargenau von den Zeichen einer Zeit, die man nur richtig hätte deuten müssen.
Der größte Reichtum ist das Leben - nichts mehr und nichts weniger. Und, neu übersetzt, der erste Teil der  "Balkantrilogie".
Lesen!
Unbedingt lesen!

"Call of Wizardry"

Matt Ruff: "88 Namen" (Fischer / Tor) | 6.1.2021
Willkommen im Gefälle und Gehäcksel einer modernen Gesellschaft. In der  Hohen Zeit der virtuellen Welten verdienen drei Freelancer ihr Geld, indem sie sich täglich, stündlich und in mehreren Schichten abschlachten lassen bzw. ihre Gegner vernichten - wenns gut läuft. In einem lukrativen Online-Rollenspiel das Erfahrung, Geschick und viel Fingerspitzengefühl verlangt, stellen die "Drei Musketiere" ihre Avatare zur Verfügung und häufen schnell und im gegenseitigen Wettbewerb viel Geek-Gold an.
Um Siege zu feiern, sich zu besaufen, Sex zu haben, neue Strategien zu entwickeln oder einfach mal gemeinsam zu chillen, treffen sich die Avatare der Avatare in Chatbars-clubs oder -schlafzimmern...Und es hat lange gedauert bis ich kapiert habe, dass wirklich alles und alle virtuell und nichts und niemand echt ist!
 Als das Spiel in die reale Welt einbricht, ein ominöser und stinkreicher "Mr Jones"  der nord-koreanische Diktator KIm Jong-un sein könnte und plötzlich Waffenhandel und Geldwäsche auf der Agenda der Spieler stehen, ist Schluss mit lustig für John Chu und seine Gefährten. Es geht um Leben und Tod.
Aus den taffen Kämpfer*innen werden Richard Kimbles auf der Flucht., die sich allesamt mit den falschen Leuten eingelassen haben. Kein Ort ist sicher und das Ministerium für Internetkriminalität ist ihnen ebenfalls schon längst auf den Fersen...
Wow! Super spannend! Super cool! Super witzig!
Ich hab ziemlich viel krudes Zeug gelernt! Hat Spaß gemacht!
Lesen!
Unbedingt lesen!

Was wäre wenn...

Laurent Binet:" Eroberung" (Rowohlt Verlag) | 5.1.2021
Was wäre wenn Kolumbus gestorben und nicht mehr nach Europa hätte zurückkommen können? König Karl V in Portugal gestrandet, Erasmus von Rotterdam andere Briefe an Thomas Morus verfasst hätte und die Wikinger bis nach Südamerika gesegelt wären?
Dann hätten die Inka Europa erobert!
So jedenfalls erzählt uns Binet, im Herzen wohl einer der größten Conqistadoren,
die Geschichte der Entdeckung Amerikas bzw. Europas.
Angefangen mit einer aufsässigen, wild gewordenen Grönlandbraut, die sich ein Schiff des Bruders uner den Nagel reißt und mit ihren starken Männern bis nach Südamerika gelangt. Mit ihr, man lese und staune: ein Virus. Das erhebt, durch weise Orakelei, die Wikingerin zur Königin, lässt aber jede Bevölkerungsgruppe so dezemiert zurück, dass die Menschheit gezwungen wird sich neu zu vereinen und ordentlich zu vermischen.
Nach großartigen Kämpfen, blutigen Schlachten (da rollen die Köpfe) und diversen Machtspielchen, wird die Inquisition verbannt, die "95 Thesen der Sonne" an Wittenbergs Türen gehauen und die Häupter der Europäer mit Federschmuck, statt Hüten verziert.
Eine großartige Alternative zur klassischen Weltgechichte. Schelmenroman trifft auf Lederstrumpf und gemeinsam begegnen sie Simplicissimus Teutsch. Von Francisco Pizarro über Cervantes und Montaigne läuft alles auf, was Rang und Namen hat.
Das ist klug! Das sprüht vor Witz und Einfallsreichtum! Das ist ganz großes Kino!
Lesen!
Unbedingt lesen!

Dauernd Sex is auch keine Lösung!

Daniela Krien: "Die Liebe im Ernstfall" (Diogenes) | 30.11.2020

Als Jorinde sich ihren "Joringel" geangelt hat, bekommt das Leben wieder einen echten Sinn. Alles ist gut, die Herzen schlagen im gleichen Takt, die große Liebe zeigt sich lange von ihrer besten Seite. Blöd nur, dass der Mann dauernd Sex will und die Frau eher nicht. Schwanger werden und somit endlich "eine Ruh" vorm Bettsport haben, stellt sich dummerweise nicht ein. Der Mann fühlt sich nicht geliebt und unverstanden, findet eine neue große Liebe. Mit der es am Ende ähnliche und andere  Probleme gibt...Paula, Brida, Jorinde, Malika und Judith - egal ob Musikerin, Schauspielerin, Buchhändlerin, Autorin oder Mutter: alle  stolpern sie über ihrer eigenen Füße, wollen gefallen. Den Eltern, den Männern, den Kollegen, den Freunden. Gehen hart mit sich ins Gericht.
Und das ist so anstrengend!
Am Ende tun sich die zusammen, die schon lange nichts mehr voneinander wissen wollten. Und es funktioniert! Die alleine bleiben, kommen irgendwann zu sich selbst und der Erkenntnis, dass ein Leben ohne Fremdbestimmung gar nicht so schlecht ist. Alles hat seinen Preis und jedes Ding zwei Seiten. Wohl dem, der sich auf seinen eigenen Kompass verlassen kann. Der muss nur richtig eingestellt werden und dann ist das mit dem glücklich sein gar nicht so schwer.
Und ja, das Leben ist eines der härtesten und manchmal ziemlich fies. Aber wenn man nicht alles so bierernst nimmt und das ganze Ding etwas sportlicher sieht, macht es mitunter richtig Spaß!
Lesen!
Unbedingt lesen!